Bauakustik

Zeitgemäße pädagogische Konzepte basieren auf vielfältigen Raumstrukturen. Sie umfassen ein Gefüge aus unterschiedlichen Raumgrößen und räumlichen Settings. Deshalb erfordern sie differenziertere Konzepte für den baulichen Schallschutz als in der Vergangenheit. Die Anforderungen an die Schalldämm-Maße aus den DIN-Normen folgen jedoch noch der Typologie von Klassenraum-Flur-Schulen und den entsprechenden Dimensionen von Klassenraumwänden.

Einen detaillierten Leitfaden für die Planung der Akustik von offenen Raumtypologien wie Clustern und offenen Lernlandschaften finden Sie hier: Akustik im Schulbau – Neue Konzepte und Empfehlungen

Vorgaben der DIN und neue Raumtypologien – Cluster sind keine Klassenräume

Eine besondere Herausforderung besteht darin, die Vorgaben des Schallschutzes für Schulen in Lernumgebungen mit hoher Transparenz umzusetzen. Die DIN 4109 für Schallschutz ist bauaufsichtlich in allen Bundesländern eingeführt und daher in der Planung umzusetzen. Aber transparente Abtrennungen wie Glaswände in Clustern oder offenen Lernlandschaften durchgehend mit dem gleichen hohen Schallschutz auszuführen wie konventionelle Klassenraumwände, würde nicht nur enorme Kosten verursachen, sondern auch am pädagogischen Bedarf vorbeiführen.

Zum Schutz vor Schallübertragungen von einem Raum in den anderen werden in der DIN 4109-1 Tabelle 6 konkrete Vorgaben zu bewerteten Schalldämm-Maßen von trennenden Bauteilen in Abhängigkeit von der Nutzungsart der beiden getrennten Räume gegeben. Dabei gehen diese Vorgaben von der zentralen Vorstellung des konventionellen Schulbaus aus, dass ein Raum jeweils einer spezifischen Nutzung entspricht und die Aktivitäten in angrenzenden Räumen völlig entkoppelt voneinander sind. Heute jedoch können sich Raumnutzungen bereits im Tagesverlauf sehr stark ändern und statt einer Aneinanderreihung gleich großer Klassenräume werden eine Vielzahl unterschiedlicher Raumtypen und -größen benötigt.

Es gilt, den Wunsch nach Transparenz und Sichtbeziehungen innerhalb einer Nutzungseinheit in Einklang mit dem Bedürfnis nach akustischer Entkopplung zu bringen. Gleichzeitig sind unterschiedliche Hörbeziehungen zwischen Räumen und Raumbereichen notwendig und zu definieren.

Weil also ein Cluster oder eine Lernlandschaft typologisch nicht den in der DIN aufgeführten Klassenräumen entspricht, können folgerichtig die Werte der DIN für Klassenraumwände nicht direkt übertragen werden, sondern müssen individuell und bedarfsgerecht ermittelt bzw. auf die Schultypologie übertragen werden.

Vertraulichkeit und Gesundheitsschutz

Schallschutz wird im Schulbau konventionell im Sinne von Gesundheitsschutz verstanden. Für räumliche Abtrennungen innerhalb der Nutzungseinheiten von Lernclustern und offenen Lernlandschaften geht es jedoch um die Frage, wieviel Vertraulichkeit zwischen unmittelbar miteinander verbundenen Raumbereichen gewünscht oder sogar erforderlich ist. Dies erfordert eine individuelle Betrachtung der jeweiligen Raumsituationen.

Wenn also räumliche Abtrennungen innerhalb von Clustern und offenen Lernlandschaften nicht in die in der DIN 4109-1 Tabelle 6 genannten Raumkategorien fallen (Klassenraumwände, Flurwände), können Richtwerte für Raumnutzungen hilfreich sein, die typologisch den neuen Lernraumkonzepten ähneln. So werden im zurückgezogenen Beiblatt 2 der DIN 4109 (1989-11) Empfehlungen für bewertete Schalldämm-Maße von Bürowänden innerhalb einer Nutzungseinheit gegeben, die sich am Grad des Vertraulichkeitsanspruchs orientieren. Diese Empfehlungen können auch für Schulen eine Grundlage bieten, Schallanforderungen nutzungsspezifisch zu planen.

Zusammenspiel von Raumakustik und Bauakustik

Da das Raumkonzept eines Clusters bzw. einer offenen Lernlandschaft als eine organisatorische Einheit zu betrachten ist, besteht eine engere Abhängigkeit zwischen den Konzepten für Raumakustik und Bauakustik. Auf der einen Seite besteht der Wunsch nach Offenheit, Transparenz und Sichtbeziehungen innerhalb einer Nutzungseinheit. Hierbei darf jedoch das Bedürfnis nach akustischer Entkoppelung bei gleichzeitigem Bedarf an Hörbeziehungen zwischen unterschiedlichen Räumen und Raumbereichen in Einklang gebracht werden. Es muss berücksichtigt werden, dass in offenen Raumverbünden mehrere unterschiedliche Nutzungen zur gleichen Zeit stattfinden können. Ohne raumabschließende Wände geht es dabei aber nicht mehr im eigentlichen Sinne um Schallschutz, sondern um Sprachverständlichkeit im Nahbereich und Abklingraten (Ausbreitungsdämpfung der Sprache) zwischen unterschiedlichen Raumbereichen – und ist damit eine Aufgabe der Raumakustik. Bei der Gestaltung von offenen Lernlandschaften ist zudem besonders dem organisatorischen Schallschutz bzw. Schul- und Tagesablauf ein hoher Stellenwert zuzuschreiben. Eine gegenseitige Rücksichtnahme und entsprechende Gestaltung der Lernzeiten sowie -arten sind essenziell für eine gemeinschaftliche offene Lernlandschaft.

Blick in andere Länder

Österreich

Anders als in den deutschen Vorgaben aus der DIN 4109 für den Schallschutz in Schulen wird in den Österreichischen Leitlinien für den Schulbau (ÖSSIS:2014-05) – wenn auch nur in einer Fußnote – ein konkreter Anwendungsbezug für Wände innerhalb von Clustern „mit offener und raumübergreifender Unterrichtsplanung“ hergestellt. Außerdem werden für Zielvorgaben im Schallschutz Standard-Schallpegeldifferenzen aufgeführt. Anders als das bewertete Bau-Schalldämm-Maß bezeichnet die Standard-Schallpegeldifferenz keine Wandqualität, sondern drückt die erlebte Geräuschübertragung aus benachbarten Räumen aus, weshalb sich dieser Wert für sehr diverse Wandformate und für Raumsituationen mit versetzten, angekoppelten oder zwischengelegenen Räumen besonders gut eignet.

Norwegen

Ein Vorbild, wie Schallschutzwerte bedarfsgerecht ermittelt werden, zeigt das akustische Konzept der Ringstabekk Skole in Baerum bei Oslo. Die Akustik-Ingenieure haben die Schallschutzanforderungen der einzelnen Wände und Abtrennungen gemeinsam mit dem Kollegium definiert. Es ist wichtig, dass die Wände genau das leisten, was die Schule benötigt und die Lehrenden genau wissen, was der Schallschutz an Vertraulichkeit zulässt. Der Grundgedanke des Schallschutzkonzeptes geht aber sogar darüber hinaus: Welcher Grad des hörbaren Erlebens ist für den sozialen Zusammenhalt der Schule notwendig? So ist z. B. das zentrale Forum, das Herz der Schule mit Cafeteria und Raum für die unterschiedlichsten Veranstaltungen, nur gering von den umgebenden Lernlandschaften schallisoliert, weil der Schule wichtig ist, dass gemeinschaftsbildende Schulaktivitäten im Gebäude wahrgenommen werden.

Konkrete Umsetzung zu Bauakustik

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