Brandschutz

Dem Wunsch nach einem differenzierten Raumangebot in Schulen steht in den meisten Bundesländern und Kommunen noch immer eine Vorschriftenlage gegenüber, die auf einem klassischen Raumverständnis basiert. Flexibel nutzbare Raumkonzepte ohne Flure wie beispielsweise Cluster oder offene Lernlandschaften entsprechen nicht der Raumorganisation von Klassenraum-­Flur-Schulen, die der Musterschulbaurichtlinie (MSchulbauR) zugrunde liegen. Jenseits dieses klassischen Verständnisses von Schule haben Nordrhein-Westfalen, München und Berlin mit der Einführung eines neuen Schulbaukonzeptes, das die maximale Offenheit und Transparenz zugrunde legt, eigene Brandschutzpapiere formuliert. Diese sehen ein innovatives und schutzzielorientiertes Brandschutzkonzept vor, das auf die jeweilige individuelle Planung ausgelegt ist.

Brandschutzziele widersprechen pädagogischen Anforderungen nicht

Die grundlegenden Ziele des Brandschutzes – also Brandvermeidung, Verhinderung der Ausbreitung eines Brandes, Brandbekämpfung und Rettung – müssen aber in keiner Weise pädagogischen Anforderungen an den Lernraum widersprechen. So ist aufgrund von Transparenz und Übersichtlichkeit innerhalb von Clustern und offenen Lernlandschaften die Branderkennung schneller möglich als im konventionellen Schulbau und es kann auf notwendige Flure (brandschutztechnisch „sicherere“ und brandlastfreie Flure zur Führung der Rettungswege) verzichtet werden. Wie ein insgesamt gleichwertiger Brandschutz für neue Schulraumtypologien baulich und ohne technische Kompensationsmaßnahmen wie eine Brandmeldeanlage erzielt werden kann, wird in der Studie Brandschutz im Schulbau detailliert erläutert.
Ergänzung: Die Empfehlungen der Studie verstehen sich als inhaltliche Novellierung der Musterschulbaurichtlinie (MSchulbauR).

Grundzüge der Planung von Clustern und offenen Lernlandschaften

Grundzüge einer risikogerechten Planung von Clustern und offenen Lernlandschaften nach der Studie Brandschutz im Schulbau sind:

  • Lernbereiche werden mit einer maximalen Fläche von 600 m² als risikogerecht eingestuft.

  • Jeder Lernbereich benötigt in jedem Geschoss zwei voneinander unabhängige bauliche Rettungswege.

  • Der zweite Rettungsweg darf auch über einen benachbarten Lernbereich oder eine Halle führen, wenn die Zugänglichkeit zu jedem Zeitpunkt gewährleistet ist (Türen in Fluchtrichtung nicht abschließbar).

  • In einem Lernbereich beträgt die maximale Distanz zum ersten Rettungsweg 35 m, gemessen in der Luftlinie. Zusätzlich muss von jeder Stelle des Lernbereichs ein Ausgang in 25 m Lauflänge erreichbar sein (Überprüfung mit rechtwinkligem Dreieck von 25 m Kantenlänge). Die Abstände zwischen den unterschiedlichen Ausgängen untereinander sollen nicht weniger als die Hälfte der Raumdiagonalen betragen.

  • Innerhalb eines Lernbereiches sind gute Sichtbeziehungen zwischen den einzelnen Raumbereichen erforderlich.

Holzbau in Schulen

Angesichts eines Anteils des Bausektors von ca. 40 Prozent an der Entstehung von klimaschädlichen Stoffen ist die Wahl der Bauweise und Festlegung der einzelnen Baustoffe von entscheidender Bedeutung und trägt maßgeblich zur CO₂-Bilanz bei. Bei der Wahl alternativer Baustoffe, wie z. B. Holz, können Schulen Vorbildcharakter haben. Die Bauordnungen in Deutschland sind jedoch noch nicht auf Holzbau ausgelegt.

Die Musterholzbaurichtlinie (MHolzbauRL) ist in den Bundesländern zwar weitestgehend eingeführt, der Anwendungsbereich jedoch auf Gebäude mit der Gebäudeklasse 5, bzw. in Massivholzbauweise auf Standardgebäude, beschränkt. Sie greift demnach nicht für Sonderbauten sowie Nutzungseinheiten, die größer als 200 m² sind. Zudem beziehen sich aktuelle Forschungen zum Holzbau bislang in der Regel ohnehin nicht auf den Sonderbau Schule. Die in den Schulbaurichtlinien definierten Anforderungen erschweren gleichzeitig das Bauen mit brennbaren Baustoffen. Neue Aspekte sind dabei nicht berücksichtigt – zum Beispiel schafft die Ganztagsschule eine höhere Vertrautheit mit dem Gebäude, was einen Vorteil für die Selbstrettung darstellt. Weiterhin gehen die mindestens zwei vorhandenen baulichen Rettungswege bereits über die Vorgaben der MHolzBauRL hinaus, die diese durch die Einschränkung auf Standardgebäude nicht vorsieht.

Perspektivisch ist jedoch davon auszugehen, dass das Bauen mit Holz auch im Anwendungsbereich der Sonderbauten zunehmend einfacher wird. Eine Öffnung der Holzbaurichtlinien findet sukzessive und in kleinen Schritten statt.

Forum, Marktplatz, Herz und die Versammlungsstättenverordnung

Jede Schule benötigt einen zentralen gemeinsamen Kommunikations-, Begegnungs-, Präsentations- und Aufführungsort: ihr »Herz«. Dieser Baustein – auch Forum oder Marktplatz genannt – wird umso wichtiger, je stärker der Unterricht individualisiert oder in Kleingruppen organisiert wird. Die multifunktionale Auslegung dieser Raumbereiche entspricht aber nicht unbedingt einer typischen Versammlungsstätte im Sinne der Muster-Versammlungsstättenverordnung (VStättV(O)), vor allem, solange sie größtenteils von ortskundigen Personen überwiegend als Aufenthaltsbereich und Verkehrsfläche genutzt werden. Ausgewählte sporadische Veranstaltungen im Jahr fallen hier nicht ins Gewicht. Anders sieht es bei einer Öffnung für fremde Gruppen aus. Daher sollte im Einzelfall geprüft werden, ob für diese Art von Veranstaltungsbereichen Erleichterungen gegenüber den hohen Anforderungen aus den Versammlungsstättenrichtlinien bzw. -verordnungen der einzelnen Länder gerechtfertigt sind.

Welche Bundesländer und Kommunen haben bereits Möglichkeiten der Genehmigung von neuen Organisationsmodellen im Schulbau erarbeitet?

NRW

Um die Genehmigungsfähigkeit von Schulraummodellen wie Lernclustern oder offenen Lernlandschaften zu vereinfachen, hat das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung im Jahr 2020 die Landes-Schulbaurichtlinie (SchulBauR) überarbeitet. Als Grundlage diente die Studie Brandschutz im Schulbau. Abweichend zu dieser Studie führt die Richtlinie sogenannte Hauptgänge ein, die innerhalb der Lernbereiche als farblich markierter Fluchtweg von Möbeln und sonstigen Ausstattungsgegenständen freigehalten werden müssen. Diese Regelung ist hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit bislang noch nicht in der Praxis überprüft und könnte die flexible Nutzbarkeit der Lernbereiche erheblich einschränken.

Hamburg

In dem von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt – Amt für Bauordnung und Hochbau herausgegebenen Merkblatt Kompartments in Schulen, Hinweise und Anforderungen von 2015 werden Brandschutzanforderungen für offene Lernbereiche bis 500 m² beschrieben. Für Kompartments dieser Größe wird jedoch eine Brandmeldeanlage gefordert, was eine Kompensation mit erheblichem technischem Mehraufwand darstellt.

München

Das Brandschutzkonzept des Münchner Lernhauses basiert auf den Empfehlungen des Arbeitskreises Vorbeugender Brand- und Gefahrenschutz des Deutschen Feuerwehr Verbandes (DFV), Moderne Schulbau- und Unterrichtskonzepte – Empfehlungen zur Sicherstellung der Rettungswege aus Lernbereichen von 2014. Darin wird der in der Muster-Schulbaurichtlinie (MSchulbauR) verwendete Begriff des Unterrichtsraumes auf Lernbereiche bis 400 m² ausgeweitet. „Mehrere Unterrichtsräume, deren zugeordnete Erschließungsbereiche ebenfalls als Unterrichtsflächen genutzt werden, werden nachstehend als Lernbereich bezeichnet. Hierfür wird regelmäßig auch der Begriff Cluster oder Kompartments verwendet. Eine »ausreichende Sichtbeziehung« kann angenommen werden, wenn von einer üblichen Lern- und Arbeitsposition eine Brandgefahr und somit eine Verrauchung des Rettungsweges frühzeitig erkannt werden kann. Es ist aufgrund der unterschiedlichen geometrischen Ausführung der Räume und der Lern- und Arbeitspositionen nicht möglich, allgemein gültige Angaben hinsichtlich der erforderlichen Größe der Sichtbeziehungen zu treffen.“

Frankfurt

Die Bauaufsicht der Stadt Frankfurt hat unter Einbeziehung der Branddirektion ein eigenes Orientierungspapier zur brandschutztechnischen Beurteilung von Clustern entwickelt. Dieses stellt die Anforderungen an den Brandschutz in Abhängigkeit von Clustergrößen, zulässiger Personenzahl und Rettungswegführung. Höchstes Ziel ist, dass die Erschließungsbereiche innerhalb der Cluster nicht als notwendige Flure bewertet werden. Das gelingt, indem im Cluster eine „Teilnutzungseinheit“ als brandschutztechnischer „Abschnitt“ gilt. Die gesamte Schule bildet hier eine »Nutzungseinheit«. Bei Clustergrößen von bis zu 400 m² kann unter Berücksichtigung der Ortskundigkeit und maximal zulässiger Personenzahl in Analogie zur Büro- und Verwaltungsnutzung auf notwendige Flure verzichtet werden. Rauchabschnitte dürfen grundsätzlich nicht länger als 30 m sein und die Maximallänge von 30 m nicht überschreiten. Bei Clustern mit mehr als 400 m² und sobald zwei Cluster an einen Treppenraum angeschlossen werden, muss vor dem notwenigen Treppenraum eine Schleuse mit der Qualität eines notwenigen Flures vorgesehen werden. Unter diesen Bedingungen sind Cluster mit einer Größe von bis zu 600 m² möglich. Werden weitere Maßnahmen getroffen, kann in Ausnahmefällen sogar ein Cluster mit bis zu 900 m² realisiert werden.

Konkrete Umsetzung zu Brandschutz

Diese Webseite verwendet Cookies

Wir verwenden Cookies, um grundsätzliche Funktionen wie die Merkliste zur Verfügung zu stellen sowie die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Mehr Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerkärung.