Möblierung

Moderne Möblierung mit Schrank, Stehlampe, Wanduhr und Pflanze auf einem runden Teppich.

Der Paradigmenwechsel in der Pädagogik muss auch in der Möblierung und Ausformulierung der Raumgestaltung vollzogen werden. Denn die Möblierung spielt eine entscheidende Rolle im Zusammenspiel von Nutzung, Raum und Pädagogik. Eine Veränderung in der Pädagogik bedarf folglich eben nicht nur einer Veränderung der Räumlichkeiten an sich, sondern ebenso einer Veränderung der Möblierung und Ausstattung. Andernfalls droht, dass „alte Pädagogik in neuen Räumen“ gemacht wird. Möbel würden diesen Zustand nur noch verstärken.

Viele Schulneubauten werden im Zuge ihrer Realisierung vollständig und spezifisch ausgestattet und sind anschließend oft träge für Veränderungen. Dabei muss die Ausstattung in Abhängigkeit vom räumlichen Organisationsmodell einer Schule auf laufende Veränderungen in der Schulentwicklung reagieren und diese begleiten können. Während Möblierungskonzepte in der Vergangenheit – dem Lernsetting des Frontalunterrichts folgend – zumeist auf die Ausstattung mit Tischen und Stühlen fokussierten, geht es heute darum, fließende Übergänge zwischen unterschiedlichen Lernsettings und neue Nutzungen zu ermöglichen. Neben dem Sitzen an Tischen wird das Arbeiten im Stehen, Liegen oder in Bewegung ebenso wichtig. Unterschiedliches Mobiliar bespielt räumliche Nischen und Inseln und wird zusammen mit festen Einbauten an Wänden und Böden konzipiert und in die Planung einbezogen. Das Repertoire klassischer Schulmöbelhersteller hat sich dieser Thematik zwar angenommen, dennoch ist das Angebot teilweise noch begrenzt und stellt immer noch Sondermöbel dar, die den gewünschten wohnlichen und Werkstattcharakter unterstützen. Rahmenverträge, die Kommunen mit Herstellern oft über lange Zeiträume abschließen, schränken die Offenheit zusätzlich ein. Dabei bedarf ein verändertes räumliches Konzept Umsetzungsmöglichkeiten jenseits üblicher Standardschulmöbel aus dem Katalog.

Architektur und Möblierung zusammengedacht

Was muss die Möblierung mit Blick auf offene Raumstrukturen leisten, um den Anforderungen eines zukunftsweisenden Lern- und Lebensortes gerecht zu werden? Welche Aktivitäten sollen durch die Möblierung ermöglicht und welche Atmosphären müssen unterschiedlichen Bereichen zugewiesen werden? Diese Fragestellungen stehen im Vordergrund der Bedarfsplanung der Möblierung.

Dabei muss die feste Möblierung, deren Gestaltung und Planung in der Verantwortung der Architekt*innen liegt, unbedingt zusammen mit der losen Möblierung, die zu einem späteren Zeitpunkt und oftmals ohne Einbeziehung der Architekt*innen ausgewählt wird, entwickelt werden.

Die Möblierung muss Raumbereiche abgrenzen, Transparenzen ermöglichen, bedarfsorientierte Stau- und Lagerflächen integrieren, Präsentationsflächen bereithalten und über Inseln zum Ankommen, Verweilen und Arbeiten, für Bewegung, Interaktion und Darbietung verfügen. Dafür müssen sowohl flexible als auch feststehende Elemente vorgesehen werden.

Gleichzeitig soll die Möblierung unterschiedliche Lehr- und Lernsettings ermöglichen sowie Atmosphären erzeugen, die den multiprofessionellen Teams, Eltern, Schüler*innen und weiteren Nutzer*innen ein zukunftsorientiertes Schulumfeld mit hoher Aufenthaltsqualität bietet.

Kleine Phase Null der Möblierung

Gerade weil die Innenausbau- und Möblierungsplanung in der chronologischen Abfolge der Planungsphasen hinten steht und die Realität zeigt, dass durch Gründe der Kosteneinsparung hier manchmal nur noch Kompromisse möglich sind, gewinnt eine genauere Betrachtung dieses Planungspaketes an Bedeutung. Denn gerade der Innenausbau und die Möblierung sind wegweisend für die Sichtbarkeit von Innovation und Modellhaftigkeit.

Während in der Phase Null die Bedarfe der Nutzer*innen unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen im Einklang mit Architektur, Pädagogik und Verwaltung und mit allen beteiligten Akteur*innen abgesteckt und die räumlichen Zusammenhänge festgelegt werden, gibt es für die Ausbau- und Möblierungsgestaltung jedoch keine weitere Bedarfsermittlung.

Die Architektur und Fachplanung kann problemlos auf Grundlage der Bedarfsermittlung aus der Phase Null entwickelt und geplant werden, während für Festeinbauten und die lose Möblierung keine gesonderte Bedarfsermittlung vorliegt. Somit besteht hierzu keine Grundlage zur Planung. Das ist insofern problematisch, als dass die Möblierung maßgeblich entscheidend für die spätere Nutzung ist. Abhilfe kann ein partizipativer Prozess ‚kleine Phase Null der Möblierung‘ innerhalb der Planungsphase des Schulgebäudes, als mit allen Beteiligten abgestimmte Planungsgrundlage für die differenzierte Innenausbau- und Möblierungsplanung, liefern, um grundlegend den Bedarf und die Anforderungen an die Möblierung zu beschreiben. Im Fokus liegt hierbei die Klärung der Fragestellung, wer, was, wann wo tut. Diese Klärung erfolgt durch Nutzer*innenworkshops zu unterschiedlichen Bereichen der Schule. Nach jedem Bearbeitungsschritt erfolgt die Einarbeitung der Ergebnisse und Erkenntnisse in die Planung und eine Rückkopplung, Diskussion und Reflexion an die und mit den Beteiligten. Eine vorzeitige realitätsnahe Simulation und Testung von Prototypen und Mustern kann diese Schritte unterstützen und Lösungen verifizieren, bevor Produkte und Materialien ausgeschrieben bzw. bestellt werden. Basierend auf diesen Ergebnissen ist die Entwicklung belastbarer Nutzungsszenarien und Möblierungsmodelle möglich.

Wichtig ist hierbei, dass Architektur und Möblierungsplanung als ein Projekt verstanden werden. Trotz der unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Möblierung (feste Möblierung = Architektur = Gebäudewirtschaft, lose Möblierung = Ausstattung = Schulträger), muss die Planung von Architektur, Festeinbauten und loser Möbel in direkter Abhängigkeit voneinander erfolgen, vor allem auch im Hinblick auf die Elektroplanung und den damit verbundenen Anschlüssen und der Beleuchtung. Im besten Fall wird ein Gesamtbudget für die feste wie lose Möblierung definiert, so dass zum einen mehr Freiheiten in der Kostenverteilung entstehen und bei Überschreitung der Baukosten hier nicht eingespart wird.

Aktions- und Sozialformen

Für die Möblierungsplanung kann zwischen mindestens sechs unterschiedlichen Aktions- und Sozialformen unterschieden werden, die jeweils eigene Anforderungen an den Raum und dessen Möblierung stellen:

  • Selbstlernphasen und Spiel (allein oder zu zweit): am Tisch, am Tablet, auf der Couch, im Liegen, frei im Raum, auf Erkundung oder in Bewegung etc.

  • Gruppenlernphasen und Spiel: zu mehreren (in der Regel drei bis sechs) am Tisch, an einer Präsentationswand, im eigenen Raum etc.

  • Instruktionsphasen: frontal oder im Kreis

  • gemeinsame Reflexionsphasen: im Kreis, in dem jeder jeden sehen kann + Peer-to-Peer-Learning und Coaching: Einzelgespräche in geschützter Umgebung

  • Großgruppenaktionen und Spiel (ein ganzer Jahrgang, die ganze Schulgemeinde ...): Situationen des gemeinschaftlichen Austausches in unterschiedlichen Konstellationen

In einer Ganztagsschule spielen außerdem noch weitere ausstattungsrelevante Handlungsfelder eine große Rolle wie Essen und Trinken, Toben und Ausruhen, Spielen und Chillen etc.

Flexibilität im Raum vs. Flexibilität zwischen Räumen

Weil die unterschiedlichen Aktions- und Sozialformen jeweils eigene Anforderungen an die räumliche Ausstattung stellen, ist die Flexibilität der Möblierung eine zentrale Herausforderung für neue Schulraumkonzepte. Diese räumliche Flexibilität kann durch unterschiedliche planerische Strategien der Möblierung erreicht werden, die gut abzuwägen sind: Flexibilität im Raum durch Nutzungsneutralität und Mobilität der Möbel – Nutzerinnen und Nutzer können ihre Räume durch Neuarrangieren von Möbeln frei adaptieren und an die jeweiligen Settings anpassen, durch mobiles multifunktionales Mobiliar wird dieselbe Fläche unterschiedlich bespielbar.

Flexibilität zwischen Räumen – vordefinierte Raumbereiche, die nutzungsspezifisch optimiert ausgestattet sind, werden den Lernsettings entsprechend nach Aktivitäten aufgesucht. Bewegung und Fokussierung – beides ist wichtig. Neben hoch wandelbaren Raumbereichen werden auch nutzungsspezifisch definierte Orte benötigt. Erfolgreich sind für bestimmte Settings auch Mischkonzepte wie zum Beispiel Podeste oder Sitzstufen im Raum, die zwar feste Einbauten sind, aber im Alltag unterschiedlich interpretiert werden können und mitunter neue Nutzungen stimulieren.

Je offener die Raumstrukturen sind, desto wichtiger wird die Bespielung der Fläche durch feste Einbauten. Diese Festeinbauten helfen dabei die Fläche zu zonieren, ohne dabei strukturelle, rohbaurelevante und unwiderrufbare Entscheidungen für die zukünftige Nutzung zu treffen. So entstehen Nischen und Inseln die den Nutzer*innen räumliche Anker bieten und zu unterschiedlichen Aktivitäten anregen. Diese Vorprogrammierung regt dazu an, unterschiedliche Lernsettings in der täglichen Nutzung auszuprobieren. Bietet die Fläche wenige räumliche Anker oder Nischen, und wird die Ausstattung alleine über Aneignungsprozesse definiert, bekommt der Bereich häufig einen temporären Charakter, der in der Realität weniger flexibel genutzt wird.

So können große offene Flächen von einer Kombination aus mobilen multifunktionalen und festen funktionszugewiesenen Möbeln profitieren.

Transparente Wände vs. Stau- und Displayflächen

Ganztägige und projektorientierte Bildung geht einher mit einem hohen Bedarf an Ablage- und Staumöglichkeiten von Materialien, vor allem, wenn teilweise auch das individuelle Lernmaterial in den Räumen der Schule bleiben soll. Die Planung von Clustern und offenen Lernlandschaften steht daher vor der Herausforderung, einerseits gute Sicht- und Raumbezüge zwischen den Raumzonen – insbesondere zur Fläche der pädagogischen Mitte – herzustellen und auf der anderen Seite ausreichend Wandflächen als Lager und Displayflächen vorzuhalten. Eine wichtige Rolle haben außerdem Garderoben. Sie sind für die Stärkung eines wohnlichen Charakters von Lernbereichen unverzichtbar und benötigen entsprechende Stau- und Bewegungsflächen, die sich in den verschiedenen Altersgruppen auch unterscheiden können.

Lagerflächen

Qualitätsbegriff und Gestaltung

Die Qualität von Schulmöbeln wird konventionell unter ergonomischen Gesichtspunkten und hinsichtlich ihrer Vandalismusresistenz bewertet. Daher erscheinen Schulmöbel häufig als unverwüstliche, leicht abwischbare Spezialmöbel. Für eine wohnliche Atmosphäre der Lernfelder werden – ganz wie im privaten Zuhause – weitere Qualitäten wichtig: Ästhetik, angenehme und hochwertige Materialien, Vielseitigkeit im Gebrauch. Je deutlicher die Schülerinnen und Schüler selbst die Qualitäten des Gebäudes und der Ausstattung erkennen, anfassen und verstehen können, desto mehr steigt die Bereitschaft, achtsam und verantwortungsbewusst damit umzugehen. Gleichzeitig muss ein Schulbau auch Bereiche eröffnen, die die Gestaltungslust herausfordern und die Chance bieten, zumindest temporär eigene »Spuren« zu hinterlassen.

Weitere Themen, welche die Qualität der Ausstattung betreffen:

Beleuchtung

Teeküchen

Konkrete Umsetzung zu Möblierung

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